„Traurig sein ist etwas Natürliches.
Es ist wohl ein Atemholen zur Freude“
Dieses Zitat von der Künstlerin Paula Moderson-Becker soll uns dazu ermutigen, am Volkstrauertag nicht nur zu Trauern, Innezuhalten, Nachzudenken über Krieg und Gewalt, sondern gleichzeitig Atem zu holen und uns darüber zu freuen, dass wir in einem Land ohne Krieg leben dürfen.
Der heutige Tag ist ein Gedenktag, mit dem viele Menschen nichts mehr anzufangen wissen, weil sie den Ursprung und die Sinnhaftigkeit dieses Tages nicht wissen.
Nicht nur junge Menschen treffen hierzu Aussagen wie: „Ja, das hat irgendetwas mit Krieg, mit Soldaten, mit Schicksalen, mit Erlebnissen aus der Vergangenheit, zu tun.“ Oder: „Das ist etwas aus einer anderen Generation.“
Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage, ob wir überhaupt noch einen Volkstrauertag benötigen, nachdem wir zum Glück in unserem eigenen Land so viele Jahrzehnte lang keinen Krieg mehr hatten. Sollten daher die offiziellen Gedenkstunden abgeschafft werden? Belastet uns und insbesondere unsere Kinder und Kindeskinder dieses Erbe eventuell zu stark? Sollten wir nicht lieber in die Zukunft blicken? Um wen, was und vor allem warum trauern wir heute?
Menschen, die sich nicht näher mit dem Hintergrund des Volkstrauertages beschäftigen, mag es als ein verstaubtes Relikt aus vergangener Zeit erscheinen.
Dieser Tag ist aber notwendig, da er den Menschen die Möglichkeit bietet, inne zu halten, sich die Folgen von Krieg und Gewalt zu vergegenwärtigen, die eigene Haltung zu überdenken und uns all die Opfer unserer Kriege in Deutschland wie auch weltweit bewusst zu machen.
In diesem Sinne ist der Volkstrauertag in den letzten Jahren mehr und mehr zum „Mahn-Tag für den Frieden“ geworden.
In diesem Jahr jährte sich zum 80. Mal der Ausbruch des 2. Weltkrieges, welcher weltweit 55 Millionen Tote zu beklagen hatte, darunter auch 24 Wenighösbacher Gefallene.
6 weitere Männer wurden als vermisst gemeldet und sahen ihre Heimat nie wieder
Gut zwei Jahrzehnte zuvor forderte der 1. Weltkrieg das Leben von mehr als 40 Millionen Menschen. Ihm fielen auch insgesamt 16 Männer aus Wenighösbach zum Opfer.
Die meisten Opfer der letzten Weltkriege sind zivile Opfer – vor allem Frauen und Kinder. Das vergangene Jahrhundert war, wie auch die Jahrhunderte davor, geprägt von grausamen Kriegen in der ganzen Welt. Und auch unser jetziges Jahrhundert wird wieder von Kämpfen bestimmt.
Krieg, Gewalt, Terror, Verletzung der Menschenrechte, Vorurteile und Intoleranz sind leider auch heute noch aktuell. Insbesondere auch junge Menschen, sollten den Versöhnungsgedanken und die Überwindung von Krieg und Gewalt am Volkstrauertag aufgreifen, ist dies doch kein Heldengedenktag, sondern ein Gedenken an die Kriegsopfer – Soldaten, Männer, Frauen, Kinder, Zwangsarbeiter, Verfolgte und Vertriebene und in den Gefangenenlagern und KZs verstorbene Menschen. Unsere Erinnerung, unser Gedenken und unsere Trauer gelten allen Opfern von Krieg und Gewalt.
Denn der Volkstrauertag, dieser „Mahn-Tag zum Frieden“, gibt uns die Gelegenheit, über Vergangenes nachzudenken und öffnet gleichzeitig den Blick für die Gegenwart und Zukunft. Dieser Tag ist ein zeitloses Erbe – auch für zukünftige Generationen. Er ist damit aktueller denn je.
„Traurig sein ist etwas Natürliches.
Es ist wohl ein Atemholen zur Freude“.
Holen wir daher am heutigen Tag bewusst Atem, zum Nachdenken über Krieg und Gewalt, über uns und unsere Mitmenschen. Lassen Sie uns gemeinsam um unsere Angehörigen, Eltern, Großeltern, Geschwister und um alle so sinnlos getöteten Menschen trauern, aber auch damit auseinandersetzen, dass Menschen Kriege und Terror nicht nur zulassen, sondern sogar fördern und unterstützen.
In dieser Stunde sind wir in Gedanken bei allen Opfern von Kriegen und Terroranschlägen. Denn all diese Toten verpflichten uns Lebende, uns dem Hass zwischen Völkern, Rassen und Religionen entgegenzusetzen und aktiv für unsere Werte einzusetzen.
Lassen Sie uns Atem holen und uns bewusst machen, dass wir alle die Vergangenheit nicht ändern können, sehr wohl aber für die Gegenwart wie auch für die Grundsteine der Zukunft mitverantwortlich sind. Wir sind gerade in der heutigen Zeit gehalten, die Grundlagen und Normen unserer Demokratie zu bewahren.
Ich verneige mich im Namen aller Hösbacherinnen und Hösbacher in Trauer um die Toten, denn
„Die Toten verpflichten die Lebenden“
vorgetragen von MGR Gerhard Beister
leicht modifziertes offizielles Redemanuskript des Marktes Hösbach zum Volkstrauertag 2019
Anschließend dankte MGR Beister den Orginal Jochbachtalern, dem Sängerhort
Wenighösbach, der Abordnung der FW Feherwehr Wenighösbach, dem Vertreter
der Kirche und allen Helfer*innen im Hintergrund, die der Gedenkfeier den
feierlichen Rahmen gegeben haben.